AD(H)S und Klavierunterricht - geht das überhaupt zusammen?

Immer mehr Kinder in Deutschland werden mit AD(H)S diagnostiziert, dem Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom. Besonders wenn es um das Thema „Lernen“ geht, fällt diese Diagnose ins Gewicht, denn diese Kinder können sich oftmals nicht gut konzentrieren.

 

Doch was ist, wenn diese Kinder sich wünschen, ein Instrument zu erlernen? Ist das überhaupt möglich? Oder inwiefern kann Musikunterricht Kinder mit AD(H)S sogar unterstützen?

Ich möchte hier über einige meiner Erfahrungen aus dem Klavierunterricht berichten.

 

 

Begeisterung weckt Konzentration

Mir sind in meinem Klavierunterricht bereits einige Kinder begegnet, die mit AD(H)S diagnostiziert worden sind. Einige davon sind mir in ihrem Lernverhalten aufgefallen, andere überhaupt nicht. Manchmal bekomme ich zwar durch das, was die Kinder (oder die Eltern) aus der Schule erzählen, mit, dass es Probleme geben muss, diese fallen teilweise in den Klavierstunden aber überhaupt nicht ins Gewicht.

 

Es scheint mir so, als wenn die mit AD(H)S diagnostizierten Kinder sich besonders dann gut konzentrieren können, wenn sie etwas begeistert und sie das Gefühl haben, sie könnten sich mit ihren Interessen und speziellen Begabungen einbringen. Sobald ihnen etwas wie „leere Theorie“ erscheint, wie eine lästige Pflichterfüllung, schalten sie hingegen schnell ab.

 

 

 

Was unterstützt die Kinder?

Meiner Erfahrung nach ist es sehr hilfreich, wenn die Kinder durch ihre Sinne die Eigenwahrnehmung schärfen können. Durch das direkte Hören, Sehen und Fühlen wird der Kontakt zum Jetzt gestärkt und hilft, die Aufmerksamkeit wach zu halten.

 

Außerdem fühlen sich die Kinder dann gestärkt, wenn sie im Unterricht dem folgen können, was sie selbst interessiert (und nicht immer nur dem, was der Lehrer für wichtig hält ;-). Das führt dazu, dass sie sich in ihrer eigenen Kompetenz bestärkt fühlen, sich in Eigenregie mit dem Lerninhalt auseinander zu setzen.

 

Generell halte ich es für sehr wichtig, mit den Kindern in einem ständigen Dialog zu bleiben und sie in die Gestaltung des Unterrichts mit einzubeziehen. Es ist dann an mir als Lehrerin, AUFMERKSAM zu bleiben und mich zu fragen: wo steht mein Schüler gerade und was ist der nächste, für ihn sinnvolle Schritt.

 

 

 

Neue Wege

Ein Musikunterricht, der die speziellen Bedürfnisse der mit AD(H)S diagnostizierten Kinder berücksichtigt, kann diesen Kindern daher eine große Unterstützung sein.

Allerdings müssen sich alle Beteiligten, also der Schüler, die Lehrerin und auch die Eltern darüber im Klaren sein, dass das Lernen manchmal nicht so verläuft wie man es vielleicht erwarten würde.

 

Der Unterricht kann nur dann funktionieren (und das heisst für mich in erster Linie: das Kind unterstützen), wenn man sich in jeder Stunde neu auf das „Abenteuer Klavierlernen“ einlässt und jeweils auf das reagiert, was das Kind im Moment am meisten anspricht und ihm deshalb hilft, die Aufmerksamkeit zu „trainieren“.

 

Wenn dies gelingt, habe ich schon so manches Mal erlebt, dass gerade die mit AD(H)S diagnostizierten Kinder besonders ausdrucksvoll musizieren und es verstehen, auch andere mit ihrer Begeisterung anzustecken und mitzureißen.

 

 

 

Welche Erfahrungen habt ihr GENERELL gemacht, nicht nur aufs Thema ADHS bezogen: Habt ihr den Eindruck, dass euch Musikmachen dabei unterstützt, auch auf anderen Gebieten etwas Neues zu lernen?

 

 

 

 

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