Die Idee zu dieser Blog-Serie „Erfolgreich Klavier üben“ ist mir ja in meinem Wanderurlaub gekommen, als ich feststellte, dass Wandern und Klavierüben eigentlich eine Menge gemeinsam haben. Nach Teil I "Sich die Kräfte richtig einteilen" und Teil II "Dran bleiben" geht es heute um das Thema „Mit der Erde verbinden“.
Beim Wandern ist mir aufgefallen, dass ich umso leichter voran kam, je mehr ich meine Verbindung zum Boden spüren konnte. Anstatt dass das Gehen anstrengend und ermüdend wurde, fühlte ich mich vom Boden „unterstützt“, ja irgendwie geradezu „getragen“.
Doch wie ist das beim Klavierspielen? Denn schließlich tun die Hauptarbeit die Hände und Finger, und nicht die Füße – oder?
Ein stabiles Fundament schafft Sicherheit
Na klar, ohne unsere Hände könnten wir natürlich nicht Klavier spielen, auf unsere Füße könnten wir dagegen verzichten... Und doch übersehen wir einiges, wenn wir beim Klavierüben mit unserem Fokus ausschließlich bei den Händen und Armen bleiben würden. Warum ist das so?
Also erstmal natürlich, weil unsere Arme ja am „Rest“ des Körpers befestigt sind. Insofern spielt es immer eine wichtige Rolle, dass wir den gesamten Körper nicht aus dem Auge verlieren, dass wir möglichst locker bleiben und den Rücken nicht verkrampfen. Darüber habe ich hier ja schon etwas geschrieben.
Im Grunde ist die Verbindung, die wir zum Boden haben, ähnlich wichtig wie bei einem Haus: Stell dir vor, du hast ein wunderschönes Haus gebaut, aber im Fundament gibt es einige Stellen, wo Steine fehlen oder Risse auftauchen. Die Statik des gesamten Hauses ist gefährdet! Ungefähr so ist es, wenn du dich beim Üben nur um deine Hände kümmerst: da kannst du noch so fleißig sein und deine Fingertechnik noch so ausgefeilt werden lassen: wenn das „Fundament“ nicht stimmt, also deine Verbindung zum Boden, dann wird die ganze Angelegenheit früher oder später wackelig und unsicher.
So war es auch bei mir: irgendwann im Studium merkte ich, dass ich mit der gängigen Klaviertechnik einfach nicht mehr weiter kam. Da fehlte etwas Grund-Legendes. Und das war meine Verbindung zum Boden. Als ich die zu klären begann, indem ich auch mein Becken, die Beine und die Füße beim Spielen wahrnahm, stellte sich eine ganz neue Sicherheit in meinem Klavierspiel ein, die ich vorher immer gesucht hatte, von der ich aber nicht wirklich wusste, wie ich sie finden konnte.
Stabil - und trotzdem beweglich
Nun brauchen wir ja beim Klavierspielen – anders als bei einem Haus – kein Fundament, dass „statisch“ und fest steht, sondern ein „bewegliches“ Fundament. Denn schließlich musst du beim Klavierspielen die Position deiner Hände ständig verändern, mal spielen beide Hände weiter oben, dann weiter unten, mal länger an einem Platz und mal gibt es schnelle Wechsel.
Deine Körperbalance ist also ständig gefordert, um deine Hände in die richtige Position zu bringen. Deine Schultern folgen deinen Armen, ebenso wie deine Wirbelsäule. Und die ruht ja auf dem Becken, d.h. das Becken reagiert auf die Bewegungen, die von deinen Händen ausgehen.
Und so setzt sich das weiter fort: wenn das Becken z.B. mehr Gewicht auf der rechten als auf der linken Seite balancieren muss, dann sind die Beine gefordert, um das auszugleichen. Und die Füße? Was machen die dann? Spür doch mal einen Moment hin und überlege.... ich warte solange..... genau: die schaffen die Verbindung zur Erde, die uns die nötige Stabilität verleiht, damit wir oben schön beweglich sind und eine optimale Choreographie des Körpers zum Notentext entwickeln können.
Dann ist Klavierspielen eigentlich nicht viel anders als Tanzen.
Je leichter, desto ökonomischer
Unser Skelett ist so aufgebaut, dass es optimal mit der Erde zusammen“spielt“. Das kannst du für dein Klavierspielen nutzen, indem du deinen Körper beim Üben immer besser wahrnehmen lernst.
Dabei gilt folgender Grundsatz: Je leichter eine Bewegung geht, desto effektiver und ökonomischer ist sie. Denn dann sind alle „Einzelteile“ aufeinander abgestimmt und ziehen quasi an einem Strang. Wenn irgendetwas schwer geht, dann kann man davon ausgehen, dass es mindestens ein Körperteil gibt, dass nicht optimal in die Bewegung integriert ist und sozusagen etwas anderes will. Vielleicht Stabilität statt Beweglichkeit, weil die an einem anderen Punkt fehlt, wo sie eigentlich hin gehört.
Ich höre immer wieder von Klavierspielern, dass sie überrascht sind, wenn ich erzähle, wie wichtig die Verbindung zum Boden ist. Aber genauso einleuchtend ist es den meisten auch, denn irgendwo spüren sie, so wie ich damals im Studium auch, ein Defizit, ohne dass sie es genau benennen könnten. Und viele merken sofort: wenn die Verbindung zur Erde klarer wird, dann verschwinden viele Schwierigkeiten oder auch Verspannungen, die vorher beim Üben aufgetreten sind.
Die Verbindung zur Erde finden und fürs Klavierüben nutzen
Übrigens habe ich auch einige Schüler, die „nur“ dafür zu mir kommen, um ihr Körpergefühl zu verbessen oder ein bestimmtes Problem, das immer wieder auftaucht (z.B. chronische Verspannungen in den Schultern) loszuwerden. Das ist dann eine Art Klavier-Bewegungs-Coaching, das unabhängig vom sonstigen Klavierunterricht ist. Es kollidiert auch mit keiner Klaviertechnik, die vielleicht ein anderer Lehrer anders als ich erklärt, weil es in erster Linie darum geht, verschiedene Bewegungsweisen zu erspüren und das Körpergefühl zu wecken. Dann fühlt man selbst immer am besten, wie man die Technik für sich persönlich umsetzt.
Wenn du Interesse daran hast, weil du merkst: da gibt es ein Thema mit deiner Verbindung zum Körper und zur Erde, bei dem du dir Unterstützung wünschst, dann wäre vielleicht eine (oder ein paar) Unterrichtsstunde/n im Klavier-Bewegungs-Coaching das Richtige für dich.
Eine Stunde dauert 60 min. und kostet, genau wie eine Klavierstunde bei mir, 60€. Oftmals klären diese Stunden vieles, für das du ansonsten viele Stunden Übezeit brauchst, viel schneller. Und es tut einfach gut: Du lernst, dich insgesamt mehr zu entspannen und den leichten Weg zu finden.
Und das ist schließlich nicht nur für´s Klavier üben gut! ;-)))
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