Klavier SPIELEN ist eine wundervolle Sache. Doch was ist mit dem Klavier ÜBEN? Das ist sicher das meist-diskutierte Thema zwischen Eltern und Kindern.
Irgendwie ist es ja allen klar, dass das Üben mit dazu gehört. Auch den Kindern ist das klar. Und doch kommt manchmal Frust auf, weil es nicht so klappt, wie sich das die Eltern oder auch die Klavierlehrerin so vorstellen. ;-)
Wie kommt das? Wieso gibt es hier so viel Konfliktpotenzial und was kann man dagegen tun?
Heute möchte ich aus meiner Sicht schildern, warum Kinder nicht üben wollen und was sie dabei unterstützt, es schließlich doch zu tun.
Das "Lernen" lernen
Immer, wenn ein neuer Schüler zum Unterricht kommt, spreche ich mit ihm und den Eltern ab, dass er/sie drei Mal pro Woche üben soll und wir verabreden auch, wie viele Minuten. Das ist nach Alter natürlich ganz unterschiedlich.
Am Anfang ist das auch gar kein Problem. Die Motivation ist groß genug und das Umsetzen fällt nicht schwer.
Nach ein paar Monaten sieht das meistens etwas anders aus: der Realitäts-Check bringt es an den Tag und oft zeigen sich erste Schwierigkeiten.
Aber das ist ganz normal, schließlich geht es nicht nur um das Erlernen eines neuen Instruments, sondern auch darum, das LERNEN zu LERNEN.
Die Kinder lernen, sich die Zeit richtig einzuteilen, sich nicht zu übernehmen, aber auch, beim Üben darauf zu achten, dass sie wirklich an der Sache dran bleiben.
Das ist aus Kindersicht eine recht komplexe Angelegenheit und wir sollten den Kindern auf jeden Fall den Raum dafür geben, auch beim Lernen "Fehler" machen zu dürfen, um wiederum DARAUS zu LERNEN.
Denn "Fehler" zu machen ist immer die beste Gelegenheit, wirklich aus der eigenen Erfahrung heraus neue Wege und Möglichkeiten zu entdecken und zu entwickeln.
Wenn das Kind merkt, dass es nicht voran geht, ist das die beste Motivation, etwas zu verändern.
Deshalb ist es okay, wenn man dem Kind ermöglicht, dies einmal zu erleben, ohne dass man als Erwachsener gleich einschreitet. Was passiert, wenn ich (als Kind) über ein paar Wochen nicht übe? Macht dann das Klavierspielen noch Spaß? Habe ich selber Lust, etwas daran zu verändern?
Meistens merken die Kinder sehr wohl, dass sie diesen Zustand nicht auf Dauer behalten wollen. Dass sie selber etwas verändern können, damit es wieder mehr nach vorne geht (und natürlich ist das eine Frage des Alters, jüngere Kinder brauchen mehr Unterstützung, ältere mehr Möglichkeiten, sich selbst auszuprobieren).
Solche Durststrecken sollte man als Eltern und Lehrer also ruhig einmal zulassen, damit das Kind die Gelegenheit bekommt, selbst einen Entwicklungsschritt zu machen und mehr Verantwortung zu übernehmen.
So wird "Lernen" gelernt.
Doch was ist, wenn auf Dauer das Üben trotzdem nicht funktioniert?
Was hilft den Kindern?
Heutzutage habe die Kinder meistens ganz schön viel um die Ohren: viele Termine, viele Interessen und viele Anforderungen, die in der Schule an sie gestellt werden.
Die Schule erfordert, dass Hausaufgaben gemacht werden MÜSSEN und dass für Arbeiten gelernt werden MUSS.
Viele Kinder sind dadurch unter Druck, und dieser Druck zeigt sich unter anderem darin, dass sie auf das Thema "Hausaufgaben" oder "Üben" mit Widerstand reagieren.
Und da kann es dann auch der Widerstand gegen das Klavier-Üben sein, obwohl hier dieser Druck gar nicht so besteht wie in der Schule.
Sie haben einfach das Gefühl, dass sie schon genug geleistet haben und wollen mehr Zeit, um zu spielen oder auch einfach mal abzuhängen.
Beim Klavierspielen handelt es sich ja um ein Hobby, also etwas, das man freiwillig macht und es ist wichtig zu bedenken, dass wir die Kinder hier zu nichts zwingen können.
Das heisst: wir könnten es schon! ABER: mit einem hohen Preis!
Denn den Druck, den wir auf die Kinder ausüben würden, beantworten diese in ihrem Inneren mit genauso viel Druck.
Ausgesprochen oder unausgesprochen ziehen die Kinder ihre Konsequenzen daraus und blockieren. Entweder, indem sie nicht mehr Klavier spielen mögen (selbst, wenn sie es eigentlich wollen) oder indem sie z.B. im Erwachsenenalter NIE WIEDER Klavier spielen, weil sie damit eine für sie so unangenehme Erfahrung gemacht haben.
Doch was können wir als Erwachsene hier tun?
Wir helfen den Kindern, indem wir ihnen Unterstützung geben, indem wir sie motivieren.
Auch mal, indem wir Gespräche mit ihnen führen und ihnen erklären, was notwendig ist.
Aber ob das Kind diesen Schritt letztlich tut oder nicht - das müssen wir ihm selbst überlassen!
Mit Druck kommen wir hier nicht weiter.
Denn Kinder lernen NACHHALTIG durch ihre eigene Erfahrung.
Kreativität entfaltet sich NACHHALTIG durch offene Räume, in welchen Platz ist für eigenes Erforschen und Ausprobieren.
Nicht das Üben an sich bringt den Fortschritt beim Klavier lernen. Sondern die kontinuierliche Gelegenheit, LERNEN zu erfahren durch Motivation und Begeisterung.
Das können wir von keinem Kind "einfordern".
Das kann nur durch unsere Unterstützung gefördert werden.
Und das ist vor allem unser Job als Erwachsene: motivieren und unterstützen!
Und dem Kind dadurch ermöglichen, sich auch als Erwachsener noch mit Freude und Begeisterung an das Klavierspielen zurück zu denken, weil da mehr Freiheit und Spaß war als in der Schule.
Und wieviel mehr können wir uns als Erwachsene von den Kindern wieder einladen lassen, begeistert und leicht zu sein beim Lernen, im Vertrauen darauf, dass wir es sogar geschafft haben, laufen und sprechen zu lernen.
Da ist doch alles andere ein Klacks, oder? ;-)
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